Rund ums Recht

Schatzkiste Soziales

Bundesverband Niere e.V. hat ein neues Informationsangebot von erfahrenen Patienten für Mitbetroffene gestartet, die „Schatzkiste Soziales“.

Hier kann man ausführliche Informationen zu sozialen, sozialrechtlichen Fragen, sowie weitere hilfreiche Antworten auf viele Fragen der chronischen Nierenerkrankung finden:

www.sozialrecht-nierenpatienten.online

Behinderung und Schwerbehindertenausweis

Was heißt eigentlich Behinderung?

Wo stellt man einen Antrag, was bedeutet GdB, muss ich meinen Arbeitgeber darüber informieren…..Zu diesem Thema möchten wir Euch hier ein paar grundsätzliche Infos geben.

Was ist eine Behinderung

Wenn körperliche Funktionen, geistige Fähigkeiten oder die seelische Gesundheit eingeschränkt ist und dies dem Menschen (in unserem Fall dem Kind) die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert, dann spricht man von einer Behinderung. Ein Mensch ist behindert, wenn seine körperliche Funktion, seine geistige Fähigkeit oder seine seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

Dabei ist es völlig egal, ob die Behinderung durch einen Unfall oder einer Krankheit entstanden ist. Leider ist eine Behinderung auch sehr oft angeboren.

Gibt es einen Unterschied zwischen Behindert oder Schwerbehindert?

Wenn man als behinderter Mensch die notwendige Hilfe und Unterstützung in Anspruch nehmen möchte, ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass GdB (Grad der Behinderung) festgestellt wird und ein Ausweis bescheinigt wird. Seit 2006 gibt es ein allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, dass die Rechte aller behinderten Menschen in den Bereichen Beruf und Beschäftigung sowie dem alltäglichen Leben stärkt.

Behinderte Menschen deren Grad der Behinderung wenigstens 50 beträgt und die in der Bundesrepublik wohnen oder hier arbeiten sind nach § 2 SGB (Sozialgesetzbuch) IX schwerbehindert.

Hilfe nach dem Teil 2 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuch „besondere Regelung zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen“ erhalten überwiegend schwerbehinderte und denen gleichgestellte, z.B. der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte und deren gleichgestellte Menschen. Hier muss ein GdB von mindestens 30% vorliegen. Anspruch auf Zusatzurlaub (5 Tagen) erhalten grundsätzlich aber nur schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von 50%.

Jeder behinderte Mensch oder alle Eltern deren Kind behindert ist, können bei dem für sie zuständigen Versorgungsamt einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung stellen.

Damit werden folgende Ziele verfolgt:

  • Feststellung und Schwere der Behinderung
  • Nachweis bestimmter gesundheitlicher Merkmale (siehe unten) zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen
  • Ausstellung eines Ausweises zur Wahrnehmung von Rechten und Nachteilsausgleichen

Diesen Antrag kann sowohl von dem Erkrankten, einem Bevollmächtigten oder den Erziehungsberechtigten gestellt werden. Hier sollte man dann alle vorhandenen ärztlichen Unterlagen in Kopie dem Antrag beilegen. Hat man als Antragsteller keine Unterlagen zur Hand werden diese vom Versorgungsamt oder dem Amtsarzt bei den behandelnden Ärzten angefordert.

Was sind gesundheitliche Merkmale und wie sind diese auf dem Ausweis vermerkt?

Der Grad der Behinderung erfolgt immer in 10 Schritten ( 10 – 100% ) mit eventuell folgenden Merkzeichen:

G – Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt. Diese Voraussetzungen liegen dann vor, wenn der Behinderte ortsübliche Wegstrecken nicht zu Fuß zurücklegen kann. Altersbedingte Einschränkungen werden nicht berücksichtigt. Bei inneren Leiden ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzleiden und bei Atembehinderung mit Leistungseinschränkung im Alltag bei leichter Belastung anzunehmen.

aG – Außergewöhnlich gehbehinderte Menschen, auch Kinder die sich nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges (dem Fahrzeug der Eltern) fortbewegen können.

BI – Blindheit – Als Blind wird man auch eingestuft, wenn die Sehschärfe auf keinem Auge, auch nicht bei beidäugiger Prüfung, mehr als 1/5 beträgt.

GI – Gehörlos – Gehörlos sind nicht nur Hörbehinderte bei denen eine Taubheit beidseits vorliegt, sondern auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit.

B – Notwendigkeit ständiger Begleitung – Wenn ein Schwerbehinderter bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel infolge seiner Behinderung regelmäßig auf eine Begleitperson bzw. deren Hilfe angewiesen ist. Zur Behinderung zählen hier z.B. Querschnittslähung, Menschen ohne Hände, Blinde, hochgradig Hörbehinderte, geistig Behinderte (hier zählt auch, wenn durch eine sehr stark ausgeprägte Lernbehinderung wie z.B. einer Dyskalkulie (Rechenschwäche) eine seelische Behinderung vorliegt und Anfallsleiden.

H – Hilflos – Hilflos ist jemand der im Alltag auf dauernde fremde Hilfe angewiesen ist. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer ständigen Überwachung oder Anleitung erforderlich ist und wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleitet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfestellung erforderlich ist, wie z.B. das An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege und Toilettengänge aber auch hier gilt wieder, auch wenn eine schwere geistige oder seelische Behinderung vorliegt wie z.B. eine schwer ausgeprägte Lernbehinderung. Hilflos heißt nicht, dass der Betroffene selbständig gar nichts mehr kann, sondern vielmehr das er bei den alltäglichen und wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens im erheblichen Umfang dauernd auf fremde Hilfe angewiesen ist. Hilflos ist der, der unter einer körperlichen, psychischen, sozialen und/ oder beruflichen Behinderung leidet.

RF – Befreiung von der Rundfunkgebühr – Behinderte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80%, denen der Besuch öffentlicher Veranstaltungen nicht möglich ist. Hier ist in bestimmten Fällen die Befreiung der Rundfunkgebühr und der Telefongebührermäßigung (abhängig vom Anbieter) möglich.

Es ist durchaus möglich, dass mehrere Merkzeichen eingetragen werden können.

Bei der Einkommenssteuer sollte man den GdB immer mit angeben, denn dort wird dann ein Freibetrag/ Pauschbetrag gewährt.

20 – 30% 310€

35 – 40% 430€

45 – 50% 570€

55 – 60% 720€

65 – 70% 890€

75 – 80% 1060€

85 – 90% 1230€

95 – 100% 1420€

(Stand 2018)

Für Menschen oder Kinder die Hilflos oder Blind sind erhöht sich der Pauschbetrag auf 3700€.

(Stand 2018)

Auch sollte man beim Kauf eines neues PKWs nach einem Schwerversehrtenrabatt fragen. Bei vielen Händlern erhält man dann zusätzlich einen Nachlass.

Wichtig ist halt immer, dass man sich informiert!

Dies kann man z.B. unter www.vdk.de, www.mais.nrw.de, www.bmas.bund.de.

Oft erhält man dort auch kostenlose Informationen die man bestellen kann.

Nachteilsausgleich 

Antje Iwannek arbeitet als Lehrerin der Kölner Schule für Kranke auch in der Kölner Uniklinik

In der Dialyse unterrichtet Antje Iwannek natürlich nur mit Mundschutz.

Fotos: Markus Düppengießer

Lehrerin Antje Iwannek, die auch in der Dialyse der Kölner Uniklinik unterrichtet, hat uns einen umfassenden Gastbeitrag – mit langer Linkliste – geschrieben über all die Hilfsangebote, die unter dem Begriff Nachteilsausgleich zusammengefasst werden.

Der Nachteilsausgleich

Unter Nachteilsausgleich versteht man Hilfen und Unterstützung für Menschen mit Behinderung, mit psychischen, psychosomatischen oder chronischen Erkrankungen zum Ausgleich von Nachteilen oder Mehraufwendungen. Der Anspruch auf Nachteilsausgleich ist vielfach rechtlich verankert, etwa in der UN-Behindertenrechtskonvention, im Grundgesetz, im Bundesteilhabegesetz, im Sozialgesetzbuch IX, in den Schul- und Hochschulgesetzen. Das Thema ist sehr komplex, in Bezug auf das Schulrecht ergeben sich enorme Unterschiede durch den Föderalismus. Bildung ist Ländersache. Der vorliegende Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Rechtsverbindlichkeit. Die Notwendigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten von Nachteilsausgleichen können bei gleicher Beeinträchtigung unterschiedlich ausfallen. Die jeweiligen Bedingungen in Schule, Ausbildung und Studium spielen eine große Rolle. Nachteilsausgleiche müssen immer individuell und situationsbezogen implementiert werden: Der Einzelfall ist entscheidend. Die kompensierenden Maßnahmen müssen erforderlich und geeignet sein, den Nachteil auszugleichen. Oft wird ein ganzes Paket von Maßnahmen eingesetzt.

Verfahren des Nachteilsausgleichs im Bereich Schule

Betroffene Schülerinnen und Schüler haben einen Anspruch auf Nachteilsausgleich, unabhängig davon, ob sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf im Sinne der AO-SF (NRW) festgestellt wurde oder nicht. Die Lern- und Leistungsanforderungen des jeweiligen Bildungsgangs sind einzuhalten. Die Schule ist ggf. verpflichtet, einer Behinderung oder chronischen Erkrankung durch Nachteilsausgleich angemessen Rechnung zu tragen. Wenn es die Schule nicht ohnehin initiiert (Klassenkonferenz), können betroffene Schüler*innen (im Fall der Volljährigkeit) oder ihre Erziehungsberechtigten bei der Schule einen Antrag stellen, dabei muss die Einschränkung nachgewiesen werden, oft geschieht dies durch eine ärztliche Bescheinigung. Über Art und Umfang eines zu gewährenden Nachteilsausgleiches entscheidet die Schulleitung auf Grundlage der Hinweise der Klassenkonferenz. Die Genehmigung des Nachteilsausgleichs in der Sekundarstufe II und bei Abschlussprüfungen muss über die zuständige obere Schulaufsicht erfolgen.

Beispiele für Nachteilsausgleiche in der Schule:

Hausaufgaben

• Reduzierung des Umfangs von Hausaufgaben

• Vorstrukturierung der Hausaufgaben durch Lehrer/Vorgabe der Reihenfolge, Dringlichkeit

Pausen

• flexible Pausenregelungen, auch kurze Entspannung zwischendurch/Trinkregelungen

• Verbleib im Klassenraum

• Zuordnung eines „Paten“

• individuelle Pausenregelung durch zusätzliches Personal/individuelle Toilettenmöglichkeiten (für Diabetiker, Dialyse)

Sport

• Angepasste Leistungsbewertungen, Sportnote nur für die Übungen, die uneingeschränkt möglich sind oder Teilnahme am Sport ohne Benotung

Klassenarbeiten/Prüfungen

• Verlängerung der Arbeitszeiten

• Reduzierung des Aufgabenumfangs

• Zeitgleiches Schreiben der Arbeit in einem anderen Raum

• Aufteilung der Klassenarbeit in mehrere Teile

• Mündliche statt schriftlicher Prüfung oder umgekehrt

• Gewährung von Ruhezeiten außerhalb des Prüfungsraumes

Schulveranstaltungen/ Klassenfahrten

• Begleitperson zulassen

Hilfsmittel

• Laptop, iPad, Tablet, Computer, Lupen…

(Beispielhafte Hinweise aus: Michael Blatzheim, Brigitta Steuer, Schulamt für die Stadt Köln: „Nachteilsausgleich für Schülerinnen und Schüler mit einer Behinderung, mit einer chronischen Krankheit oder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf an Schulen in NRW“, 2014)

Weitere Unterstützungsmöglichkeiten

Neben einem Nachteilsausgleich können weitere schulische Unterstützungsmaßnahmen für betroffene Schüler*innen während, aber auch nach einer ernsthaften Erkrankung notwendig und sinnvoll sein:

• Unterricht durch Lehrkräfte der Schule für Kranke in der Klinik bei Behandlungen von mindestens 4 Wochen Dauer (auch akkumuliert in einem Schuljahr) im Krankenhaus

• Unterricht durch Lehrkräfte der Schule für Kranke in der Klinik parallel zum Unterricht der Stammschule (z.B. für Schüler*innen, die regelmäßige an bestimmten Tagen in der Woche zur Dialyse im Krankenhaus sein müssen)

• Hausunterricht (HU), für Schüler*innen, die langfristig (ab 6 Wochen) oder regelmäßig (z.B. 1-2 Tage pro Woche wg. einer Dialyse = „Teilzeit-HU“) nicht am Unterricht ihrer Stammschule teilnehmen können

• Schulbegleitung (Antragstellung an das Sozialamt bzw. an das Jugendamt)

Antje Iwannek (Lehrerin an der Johann-Christoph-Winters-Schule, Schule für Kranke in Köln)

Weiterführende Links:

-> Arbeitshilfen für die Leitungen unterschiedlicher Schulformen in NRW: https://www.schulministerium.nrw/inklusion-recht (dort Kapitel „Nachteilsausgleich“)

-> Handreichung „Schüler/innen mit chronischen Erkrankungen“ (mit konkreten Hinweisen zum Nachteilsausgleich bei verschiedenen Erkrankungen, Nierenerkrankungen fehlen) http://jcw-schule.de/downloads/Schule-und-Krankheit-Handlungsanweisung.pdf

-> Informationen der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, Übersichtsseite Themen (behindertenbeauftragter.de): https://www.behindertenbeauftragter.de/DE/Themen/BildungundArbeit/ BildungundArbeit_node.html​

-> Ergebnisse des Fachgesprächs zum Bundesteilhabegesetz: Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel – Der Beauftragte aktuell – Fachgespräch zum Bundesteilhabegesetz https://www.behindertenbeauftragter.de/DE/Presse-und-Aktuelles/DerBeauftragteAktuell/ Artikel/2021/20210331_Fachgespr%C3%A4ch_BTHG.html

-> Nachteilsausgleich für behinderte oder chronisch kranke Studierende in ausgewählten europäischen Staaten: https://www.bundestag.de/resource/blob/650418/604570e56bb416cbbf8e2d539722a96f/WD- 8-015-19-pdf-data.pdf

-> Internetportal zum Studieren mit Behinderung und chronischer Erkrankung in NRW: http://www.kombabb.de/

-> Antragsverfahren: https://www.studentenwerke.de/de/content/nachteilsausgleich- antragsverfahren-und-nachweise (Deutsches Studentenwerk)

-> Nachteilsausgleich bei Ausbildungsprüfungen: https://www.duesseldorf.ihk.de/produktmarken/ausbildung/ausbildungspruefungen/ nachteilsausgleich-3591010

 Ergebnisse des Fachgesprächs zum Bundesteilhabegesetz: Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel – Der Beauftragte aktuell – Fachgespräch zum Bundesteilhabegesetz https://www.behindertenbeauftragter.de/DE/Presse-und-Aktuelles/DerBeauftragteAktuell/ Artikel/2021/20210331_Fachgespr%C3%A4ch_BTHG.html  Nachteilsausgleich für behinderte oder chronisch kranke Studierende in ausgewählten europäischen Staaten: https://www.bundestag.de/resource/blob/650418/604570e56bb416cbbf8e2d539722a96f/WD- 8-015-19-pdf-data.pdf  Internetportal zum Studieren mit Behinderung und chronischer Erkrankung in NRW: http://www.kombabb.de/  Antragsverfahren: https://www.studentenwerke.de/de/content/nachteilsausgleich- antragsverfahren-und-nachweise (Deutsches Studentenwerk)  Nachteilsausgleich bei Ausbildungsprüfungen: https://www.duesseldorf.ihk.de/produktmarken/ausbildung/ausbildungspruefungen/ nachteilsausgleich-3591010